1815. Nach Napoleons Niederlage bei der Schlacht bei Waterloo herrscht vor allem in den Stä…
1815. Nach Napoleons Niederlage bei der Schlacht bei Waterloo herrscht vor allem in den Städten der Niederlande bittere Armut. Der General Johannes van den Bosch gründet die sog. „Gesellschaft für Wohltätigkeit“ (Maatschappij van Weldadigheid), die den Mittellosen in den Armenkolonien ein „besseres Leben beibringen“ und eine Berufsausbildung bieten will, damit sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Es werden sieben Armenkolonien (Kolonien der Wohltätigkeit) gegründet: fünf im Norden des Landes (Frederiksoord, Willemsoord, Wilhelminaoord, Ommerschans und Veenhuizen) und zwei in België (Wortel und Merksplas). Landstreicher, verarmte Familien, Bettler und auch Waisenkinder werden dort sowohl auf freiwilliger Basis als auch unter Zwang aufgenommen.
Veenhuizen ist die sechste Kolonie und wird 1823 gegründet. Drei Anstalten werden gebaut, in denen das Personal und die „Pfleglinge“ (wie die Armen und Waisen genannt werden) wohnen und arbeiten. Als die Gesellschaft für Wohltätigkeit 1859 vor dem Bankrott steht, geht Veenhuizen in die Obhut des niederländischen Staates über.
Ab 1875 übernimmt die Justizbehörde die Verwaltung des Ortes Veenhuizen, der in ein Gefängnisdorf umgewandelt wird. Genau wie die Kolonie Veenhuizen ist auch das Gefängnisdorf Veenhuizen autark. Die Justizbehörde verpflichtet ihre Mitarbeiter dazu, im Dorf zu wohnen. Andere Menschen sind nicht willkommen, sofern sie keinen triftigen Grund für einen Besuch in Veenhuizen haben.
Die Architekten Johan Frederik Metzelaar (bis 1883) und dessen Sohn Willem Cornelis entwerfen die Gebäude für ein komplettes Dorf, das in die vorliegende Landschaftsstruktur passt. Durch die Anordnung von insgesamt nur sieben Häusertypen entsteht eine dörfliche
Einheit mit einzigartiger Ausstrahlung. Im selben Stil werden unter anderem das Krankenhaus, das Elektrizitätswerk, Schulen, Kirchen und der Schlachthof gebaut.
In den Häusern spiegelt sich die in der Justiz herrschende Hierarchie wider: Standort, Form,
Größe und Gartenanlage symbolisieren den sozialen Status und den Rang.
Auf einigen Häusern stehen erbauliche Texte oder Leitsprüche, die auf die Funktion der
Bewohner hinweisen. Bestimmte Wohnblöcke sind an der Hauswand mit Buchstaben oder
Zahlen markiert.
Jahrelang bleibt Veenhuizen ein Gefängnisdorf, in dem Außenstehende nichts verloren
haben. Es ist ein Dorf mit eigenen Regeln, strikter Hierarchie, einer außergewöhnlichen
Architektur und einer besonderen landschaftlichen Gestaltung. Um 1985 wird Veenhuizen
wieder frei zugänglich. Die Justizbehörde zieht sich langsam aber sicher aus dem sozialen
Leben von Veenhuizen zurück und hinterlässt viele leer stehende Häuser. Die Haftanstalten
werden rundum mit Sperrgittern abgeschottet.
Die Armenkolonien (Kolonie Wortel in Belgien sowie Veenhuizen, Frederiksoord
und Wilhelminaoord in den Niederlanden) sind ab 26. Juli 2021 in die UNESCO Welterbeliste aufgenommen. Das Welterbekomitee hat die „Kolonien der Wohltätigkeit“ als Zeitzeugen für ein außergewöhnliches, durchgreifendes und großflächiges soziales Experiment zur Armutsbekämpfung durch die Einrichtung inländischer Landbaukolonien auf ehemaligem Brachland gewürdigt.
Startpunkt
Veenhuizen Boeit
Oude Gracht 40
9341 AB Veenhuizen
Am Startpunkt kann geparkt werden. Die Wanderoute ist ganzjährig begehbar.
Die Wanderroute folgt teilweise unbefestigten Pfaden. Wir empfehlen Ihnen daher, gute, wasserdichte Schuhe zu tragen.
Die Route ist durch gelbe Pfähle gekennzeichnet.
Die Touristeninformation von Veenhuizen befindet sich im ehemaligen Schlachthof neben dem zentralen Parkplatz am Gefängnismuseum. Das denkmalgeschützte Haus aus dem Jahre 1891 wurde dazu liebevoll...